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Die STELLA*21 Jury hat am Sonntag, den 20. Juni 2021 im Rahmen des SCHÄXPIR Festivals in den Kammerspielen des Landestheater Linz die diesjährigen Preisträger gekürt.
Wir gratulieren allen Preisträger*innen zu den gewonnenen STELLAS*21.
Nominiert in der Kategorie „Herausragende Produktion für Kinder“ waren:
Bambi – DSCHUNGEL WIEN
Der bevorstehende Frühling erweckt einen Wald voller Tiere, die eines vom Wald lernen: das Leben. Auf die Tiere warten eine Menge Abenteuer. Viel Neues gibt es zu entdecken. Begegnungen im Wald mit neugierigen und mysteriösen Tieren, aber auch Begegnungen mit ihm… dem ganz anderen Tier, dem Tier mit dem fünften Fuß direkt unterm Kinn. Der Fuß, der besonders gefährlich werden kann für die Tiere im Wald.
Cornelius Edlefsen inszeniert eine allseits bekannte Erzählung mit viel Fingerspitzengefühl und einem Gespür für poetische Sequenzen und humorvollen Darstellungen der tierischen Figuren. Mit Situationskomik und reichlich Witz behandelt das ausgezeichnete Spielensemble bühnenwirksam die Freundschaft und das Leben, mit all ihren Höhen und Tiefen.
In dieser Inszenierung erleben wir ein herrliches Rundum-Paket. Das Zusammenspiel einer Bühne, die durch ihre Einfachheit zum Fantasieren einlädt, ein Kostüm, welches sich nie in den Vordergrund drängt, aber immer unterstützend zur Seite steht, sowie eine musikalische Begleitung, die das Geschehen auf der Bühne mitträgt. All das wird durch eine sprachliche Glanzleistung der Schauspielerinnen abgerundet und lädt das Publikum ein, wachsam zu sein, zuzuhören und stets mit offenen Augen und gespitzten Lauschern der Geschichte zu folgen
Nominiert in der Kategorie „Herausragende Produktion für Jugendliche“ waren:
STOLZ UND VORURTEIL*(*ODER SO) – Burgtheater Wien
Jane Austens Stolz und Vorurteil gilt als einer der berühmtesten Liebesromane der Weltgeschichte und sich so einem Klassiker auf der Bühne zu nähern ist wahrlich kein einfaches Unterfangen. Isobel McArthur ist die Dramatisierung der Geschichte rund um die fünf Bennet-Töchter mehr als gelungen und unter der Regie von Lily Sykes wird auf der Bühne des Burgtheater-Kasino ein wahres Feuerwerk an Spielfreude entfacht. In der herausragenden, locker-luftigen Inszenierung wird jeglicher Staub, der einem literarischen Werk aus dem 19. Jahrhundert vermeintlich anhaften könnte, von der Bühne gefegt. Mit viel Witz werden die Liebe und ihre Wirrungen sowohl aufs Korn als auch bitterernst genommen. Die Ausstattung von Thea Hoffmann-Axthelm schafft eine ästhetisch bunte Spielwiese für die Darstellerinnen, in der die feine englische Gesellschaft zum Leben erwacht. Denn das fünfköpfige Ensemble schlüpft verblüffend rasant in alle Frauen- und Männerrollen, macht zwischendurch lustig-dramatische Karaoke-Einlagen und hat dabei immer einen lockeren Spruch auf den Lippen. Mit großartiger Leichtigkeit sprühen sie ihre geballte Power sowohl ins Live-Publikum als auch durch die Bildschirme und spielen als ginge es um alles. Dabei geht es doch nur um die Liebe. Oder so.
Nominiert in der Kategorie „Herausragende darstellerische Leistung“ waren:
Siruan Darbandi, Simon Schober, Kajetan Uranitsch für „Bunter Haufen“
Das Ensemble der Kompanie Freispiel wagt sich mit ihrem Stück „Bunter Haufen“ an das Genre der Clownerie – ein Genre, das von den Darsteller*innen besonders viel Durchlässigkeit, Offenheit und Mut zur Verletzlichkeit fordert. Jede Clown-Figur entsteht ohne Vorlage direkt aus dem Selbst ihres Schöpfers. Sie wird nicht wie eine Maske übergezogen, sie wird im Wahrsten Sinn des Wortes ver-körpert. Sie bietet keinen Schutz vor den Reaktionen der Zuschauer*innen – und dennoch sucht gerade der Clown in besonderem Maß den Kontakt zu ihnen, will ihnen gefallen, buhlt um ihre Aufmerksamkeit und Gunst – ohne dabei die Freundschaft zu seinen Mitspielern aufzugeben.
Diesen nicht immer einfachen Spagat schaffen Siruan Darbandi, Simon Schober, Kajetan Uranitsch einwandfrei und mit spielerischer Leichtigkeit. Die von ihnen kreierten Figuren sind sympathisch, unverwechselbar, individuell – und trotz aller Meinungsverschiedenheiten und unterschiedlichen Herangehensweisen an die sich stellenden „Probleme“ sind sie immer Komplizen – miteinander und mit dem Publikum.
Dazu stimmen der Rhythmus und das Timing geradezu perfekt – Tür auf / Tür zu – Klipp/Klapp-Komik in Reinkultur. Jeder Slapstick-Gag funktioniert, jeder Blick sitzt – und die Blicke zueinander und zum Publikum sind es, die die Komik des Clowns ausmachen, die sein Scheitern von der Tragik befreien und ihn komisch, aber nicht lächerlich machen. Wir als Zuschauer*innen leiden und freuen uns mit diesen drei einzigartigen Figuren – auch wenn wir nicht immer ganz verstehen, was sie tun oder warum. Ihre scheinbar banalen Konflikte und Probleme bergen in ihrer Alltäglichkeit universelle Themen und sind für jede*n im Publikum emotional nachvollziehbar – auch wenn die Situation selbst uns fremd sein mag. Wir fühlen mit ihnen und können gleichzeitig darüber lachen, was wir sehen – und damit auch über uns.
In ihrer erwachsenen Kindlichkeit zeigen sie uns die Wichtigkeit des Unwichtigen, die Größe der kleinen Gefühle und die Poesie und Farbenpracht des Alltags. Und so schenkt dieser „Bunte Haufen“ seinen Zuschauer*innen in knapp 60 Minuten Leichtigkeit, Lebensmut und Selbst-Verständnis für den oft so grauen Alltag.
Nominiert in der Kategorie „Herausragende Ausstattung“ waren:
Birgit Kellner & Christian Schlechter für „The Return of Ishtar“
Durch die Verwebung von Bühnenbild, Kostümen und Puppen erschaffen Birgit Kellner, Christian Schlechter sowie die LOVEFUCKERS eine Welt, die zugleich als fantastisches Universum als auch als Spielwiese für die Darstellerinnen fungiert. Sie kreieren starke, mächtige Bilder, die in Erinnerung bleiben, aber auch den nötigen Raum für die eigene Fantasie zulassen. Im Zusammenspiel mit Licht und Sound tun sich die unterschiedlichsten Assoziationsräume in den Köpfen des Publikums auf und lassen es tief eintauchen in die wort- und spielgewaltige Geschichte. Die faszinierenden, ineinandergreifenden Umbauten und Umzüge überraschen die Zuseher*innen immer wieder aufs Neue. Expect the unexpected!
Nominiert in der Kategorie „Herausragende Musik“ waren:
Robert Lepenik „Konrad oder das Kind aus der Konservenbüchse“
„Wenn ein Mensch Freude empfindet, dann drückt er sie durch Worte aus. Wenn ihm das Wort dazu nicht genügt, dann dehnt [i.e. singt Anm. d. Verf.] er das Wort (und singt). Wenn ihm das gedehnte Wort nicht genügt, dann fügt er das Instrumentalorchester hinzu. Wenn das Orchester nicht ausreicht, beginnen unwillkürlich seine Hände zu schwingen und die Füße den Boden zu stampfen.“ (chin. Zitat)
Musik und Theater verbindet eine lange währende Beziehung. Aus ihrem Zusammentreffen kann etwas Neues entstehen, das bisweilen sogar die Grenzen beider Künste zu sprengen und neu zu definieren in der Lage ist.
In „Konrad oder das Kind aus der Konservenbüchse“ erleben wir ein Stück, in dem Sprache und Gesang, Musik und Geräusche nicht getrennt sind. Sie verbinden sich zu einer anregenden „akustischen Landschaft“, die zusammen mit der visuellen Ebene dieses Theaterereignis ausmacht und neue Räume öffnet.
Die Musik von Robert Lepenik passt in keine gängige Schublade. Sie ist nicht ausschließlich live, ist nicht ausschließlich atmosphärisch. Wir hören gängige Ohrwürmer, die aus einem Radio kommen, genauso wie Wind, filmische Untermalungen, rhythmische Unterstreichung von Bewegung und Gesang. Sie kommentiert schrill von der Seite und begleitet zart das Geschehen auf der Bühne. Mit Gespür für Töne und dem Geschehen auf der Bühne unterstützt Robert Lepenik die Darsteller*innen genauso wie den Text, ohne sich in den Vordergrund zu drängen.
„Für innovative Formate, die über die Bühnen hinausgehen“
In einer Sichtungsperiode, in der nur ein minimaler Bruchteil der eingereichten Stücke live erlebbar war, fielen Produktionen, die genau diese Einschränkungen zum Anlass nahmen, sich in neue Gefilde vorzuwagen, besonders auf. Die Jury vergibt deshalb einen Spezialpreis für diese innovativen Formate, die über die Bühnen hinausgehen, und so das Publikum auf neue Art und Weise ansprechen. Mit Medeas Irrgarten von diverCITYLAB lässt sich das geliebt-verhasste Spazierengehen mit einem Hörerlebnis verbinden, das die Hörer*innen in der gewohnten Umgebung auf neue Pfade schickt. Das Junge Theater des Landestheater Linz produziert eigene Online-Versionen seiner Produktionen und lässt sowohl den Jungen Klassiker Faust Short Cuts als auch Alice im Wunderland im Wohn- oder Klassenzimmer über die neu geschaffene Netzbühne gehen. Und das TURBOtheater Villach verlagert das Klassenzimmerstück Swipe up kurzerhand auf Instagram und schafft dort ein Live-Erlebnis fürs Smartphone. Alle erwähnten Formate zeigen Mut und Experimentierfreudigkeit und die große Lust, sich auch während einer Pandemie mit jungem Publikum zu verbinden.