Die
Preisträger*innen 2016

Die Preisträger_innen des STELLA16-Darstellender.Kunst.Preis stehen fest. Die Jury, bestehend aus Caroline Richards, Flo Staffelmayr und Dagmar Stehring hat die Preise wie folgt verliehen:

 

Herausragende Ausstattung

  • TWOF2 + das collectiv für die Ausstattung von Skreek, TWOF2 + dascollectiv, Wien

Alle 3 Produktionen zeichnen sich durch Präzision in der Wahl ihrer Mittel aus.

Wenn das Bühnenbild sowohl für sich beeindruckend und innovativ ist, als auch den Anforderungen der Inszenierung bestens dient, dann kann es als herausragend bezeichnet werden. Bei dem Gewinnerstück in der Kategorie „Herausragende Ausstattung“ gelingt eine Vermischung von Fiktion und Realität – und spielt genau damit. Präzise und flüssig, ohne den immensen technischen Aufwand sichtbar zu machen, wird der Zuschauer auf beeindruckende Weise in eine Comic-Welt entführt.

Herausragende Musik

  • IYASA für die Musik in Mein Bauernhof DSCHUNGEL WIEN und IYASA, Wien/Simbabwe

Die Nominierungen in dieser Kategorie zeigen, was Musik im Theater so alles sein kann: Ein Ventil für starke Gefühle, die man sonst nicht bündeln oder zügeln kann. Eine Fläche, die eine ganze Pinguinkolonie in der Arktis trägt. Eine Naturgewalt, die einen einfach umhaut.

Der Sieger in dieser Kategorie zeigt theatralische Kraft, gepaart mit musikalischem Können und Vielfalt, dazu kommt ein gutes Gespür für die Stärke des Ensembles und ein unglaublicher Spaß bei der Performance, die sich durch eine überwältigende Mischung aus A-cappella-Gesang und Rhythmik auszeichnet. Selten wird man von der stimmlichen Kraft eine Gruppe weggeblasen und gleichzeitig in den Bann ihrer feinen musikalischen Überlegungen hineingezogen.

Die Musik bzw. die Soundkulisse kommen in dieser Inszenierung fast ohne Sprache aus und tragen maßgeblich dazu bei, die Geschichte zu erzählen, die Räume und Szenen zu erschaffen.

Herausragende darstellerische Leistung

  • Nancy Mensah-Offei für ihre darstellerische Leistung in schwarzweißlilaDSCHUNGEL WIEN, Wien

Einen Preis für herausragende darstellerische Leistung zu vergeben ist ein schwieriges Unterfangen – es waren auch in dieser Saison viele tolle Darsteller_innen zu erleben, die durch ihre außergewöhnliche Performance oder die besondere Art, Herausforderungen zu begegnen, auf ihre Weise (be-)merkenswert waren. Deshalb sind auch in dieser Kategorie sehr unterschiedliche Konstellationen nominiert: Einmal eine Schauspielerin, die mit besonderem Charme und dynamischem Spiel ein Mädchen auf der Suche nach ihren Wurzeln verkörpert.  Dann eine Schauspielerin, die wir in drei verschiedenen Stücken in ganz unterschiedlichen Rollen als „herausragend“ empfunden haben. Und schließlich vier Darsteller_innen, die die pure Kraft des Ensemblespiels nutzten, um gemeinsam auf sehr unterhaltsame und zugleich berührende Weise eine Geschichte zum Leben zu erwecken.

Entscheiden haben wir uns für eine junge Schauspielerin, deren verletzliche und kraftvolle Darstellung einer Jugendlichen, die der Welt mit Witz, Mut und Aufgeschlossenheit begegnet, ihr entgegentanzt, -lacht und -hofft, egal wie es daraus zurückschallt, uns nicht nur überzeugt, sondern sehr berührt hat.

Herausragende Produktion für Kinder

  • An der Arche um acht, Vorarlberger Landestheater, Bregenz 6+

Ein viel gespieltes Stück über die wirklich großen Fragen des Lebens, in dem überraschend neue Facetten entdeckt wurden. Ein poetisches Stück clowneskes Bewegungstheater, das mit wenig Worten viel vom Tierischen im Menschen erzählt – und umgekehrt. Ein interaktives Stück, in dem kleine Schwindeleien, große Ausreden und saftige Lügen unterhaltsam verhandelt, aber nicht verurteilt wurden. Und ein kluges Stück Erzähltheater darüber, dass, egal, auf welcher Seite man steht, es auf der anderen Seite des Zauns vielversprechender aussieht …

Die vier nominierten Produktionen in der Kategorie „Herausragende Produktion für Kinder“ sind sehr unterschiedlich – in Bezug auf Form, Ausstattung, Opulenz, Humor, Vorlage wird die gesamte Bandbreite sichtbar, in der sich Theater für Kinder in der vergangenen Saison bewegt hat und bewegen durfte; in einem aber haben sie doch etwas gemeinsam: Sie haben es alle geschafft, dass es beim Zuschauen mindestens einen Moment für – zumindest innerlichen – heftigen und spontanen Zwischenapplaus gab, der ganz unterschiedlich zum Ausdruck kam: in einem lauten Lachen, an einer Stelle, an der man nicht (mehr) damit gerechnet hat, in einem Stirnrunzeln, weil einen etwas mehr berührt, als erwartet, in einem erstaunten Mundoffenstehenhaben, weil sich eine Verknüpfung/Übersetzung auftut, die grade klüger ist, als man selbst, in einem Kopfschütteln, weil man mit allem gerechnet hat, aber nicht DAMIT …

Die Preisträgerinszenierung hat es geschafft, all diese Momente zu vereinen: Es ist eine Interpretation eines sehr bekannten Stücks, die es schafft, trotzdem auf allen Ebenen zu überraschen; die die Probleme einer hierarchisch ganz unten/außen stehenden Gruppe ganz selbstverständlich nicht nur in den katholischen, sondern auch in einen sozialen Zusammenhang stellt, ohne sich in irgendeiner Weise anzubiedern; die den Darsteller_innen viel Zeit, einen großartigen Raum, aber auch viele Möglichkeiten gibt, ihre Figuren mitten in der Sintflut nicht nur mit trockenem Humor und Slapstick, sondern auch mit ehrlichen Momenten und viel Rhythmusgefühl von der Eisscholle über die Arche bis zum großen Finale zu manövrieren.

Herausragende Produktion für Jugendliche

  • Das Part of the game-GameTaO! Theater am Ortweinplatz in Koproduktion mit Das Planetenparty Prinzip, Graz 14+

Was gibt meinem Leben Sinn? meine Familie, meine Freunde, meine Leidenschaften, mein Erfolg, meine Wut?
Was entscheidet über meine Zukunft? meine Herkunft, meine Hautfarbe, meine Talente, meine Netzwerke?

Auf der Suche nach Antworten auf diese drängenden und dringenden Fragen folgten alle vier nominierten Stücke in der Kategorie „Herausragende Produktion für Jugendliche“ einer ganz anderen Fährte, sei es als ruhiges Erzähltheater, raffiniert verschachtelter Thriller, freches Schau-, Puppen- und Tanzspiel oder riesige Spielsimulation. Und alle vier haben es geschafft – allein schon durch die bewusste Wahl des Weges und die kluge Art der Fragestellung – einem das Gefühl zu geben, dass man irgendwie weitergekommen ist, etwas über die Welt, oder, noch besser, über sich in dieser Welt erfahren hat.

Das Siegerprojekt hat auf beide große Fragen – Was ist entscheidend? Was gibt meinem Leben Sinn? – eine nahezu entwaffnend klare Antwort: Erfolg. Und das erfährt der Zuschauer, oder, in dem Fall, der Mitspieler, in Form einer irrwitzigen, interaktiven (aber trotzdem sympathischen) Gesellschaftsspielsimulation in aller Konsequenz und anhand eines äußerst intelligent umgesetzten Konzepts am eigenen Leib – so lange, bis man selbst allzu gern bereit ist, ein „Part of the Game“ zu werden, den eigenen Konto- und Prestigepunktestand nach allen Regeln dieses ungerechten, korrupten Systems und der Kunst weiter in die Höhe zu treiben, koste es, was es wolle.

Wenn man nach über drei Stunden in dem perfekt organisierten, von 32 beinhart agierenden und präzise geführten Darsteller_innen besetzten Labyrinth aus Lobbyismus, Ehrgeiz und Freunderlwirtschaft wieder daran erinnert wird, dass die Welt draußen noch existiert, (noch) nicht ganz so vorprogrammiert ist, aber auch, dass hier alle gesammelten Punkte und Euros nichts mehr zählen – ist man fast enttäuscht. Und genau das ist die herausragende Leistung dieses Gesamtkunstwerks, die hier prämiert werden soll.